Das 9. Experiment wurde vom 29. bis 31. März 2019 abgehalten.

Unsere diesjährigen Aktivitäten im Ergersheimer Mittelwald standen unter ganz verschiedenen Zeichen. Waren wir doch ursprünglich mal angetreten, frühneolithische Holzbearbeitungstechniken zu erproben, reicht das zeitliche Spektrum unserer Experimente mittlerweile von der Mittelsteinzeit bis zu den Römern.

So hatten wir heuer Rüdiger Schwarz vom Saalburgmuseum zu Gast, der ein mehrteiliges Sortiment von römischen Äxten testen wollte: Die Waldrechtler hatten uns dankenswerter Weise wieder fünf Bäume zur Verfügung gestellt, und drei davon fielen innerhalb kürzester Zeit unter Rüdigers und Peters wuchtigen Schlägen mit den rekonstruierten Eisenäxten. Eine vierte Eiche – Ø 28 cm, Umfang 103 cm, fällte Wulf mit einem Bronzebeil in ca. 45 Min mit exakt 987 Schlägen. Norbert und Thomas versuchten, mit mesolithischen Geweihäxten einen Eichenstamm zu spalten. Darüber hinaus schäftete Norbert eine Kupferaxt als Beitel und entrindete damit mehrere Äste

Die meiste Arbeit war aber doch wieder der Bandkeramik gewidmet. Bernhard Muigg hatte zuvor zwei neu gefundene Brunnen aus der Tschechischen Republik dendrotechnisch bearbeitet und in seinem Vortrag am Samstag präsentiert: sensationelle Befunde mit einem Geviert aus genuteten Pfosten, in die vierkantige, rechtwinklig abgesetzte Bretter eingelegt wurden. Diese Konstruktion nachzubauen war das erklärte Ziel der gesamten Elburg-Sippe, und auch Bernhard packte tapfer mit an. Alle Bauteile ließen sich mit den Werkzeugen herstellen, die uns seit dem zweiten Experiment 2012 begleiten, damit dürfte mittlerweile naheliegen, dass unsere Rekonstruktionen funktionieren. auch über eine längere Zeit: Die Zahl der Schläge, welche die beiden großen SLK-Dechsel mittlerweile auf dem Buckel haben, dürfte locker in die Hundertausende gehen.

Die Spaltbohlen kamen wie immer von Anja und Basti. Beide arbeiteten wieder mit Knochenbeiteln, und ihnen stand in diesem Jahr ein sehr gut spaltbarer und gerade gewachsener Baum zur Verfügung.

Am Ende des zweiten Tages standen zwei genutete Pfosten mit eingeschobenen Brettern im Wald. Für die Nuten hätten wir uns noch einen sehr hohen schmalen Schuhleistenkeil (Spitzname: Zigarre) gewünscht, das bleibt dann für 2020.

Wulf hatte bis Sonntagmittag einen Balken mit verschiedenen Bronzewerkzeugen vierkantig behauen und eine Zapfenverbindung hergestellt. Der große Bronzedechsel zeigte sich nicht besonders führig, an der Schäftung muss noch gearbeitet werden. Bronzebeile stehen eisernen Exemplaren in nicht viel nach außer dass sie öfter nachgeschärft werden müssen.

Die Dendroforschungsabteilung war diesmal zu dritt angetreten: Aus den Niederlanden waren Caroline Vermeeren und Kirsti Hanninen dabei, die alle gefällten Eichen in kleine Scheiben zerlegten. Sie arbeiten an einem Projekt zum Nachweis menschlicher Eingriffe in den prähistorischen Wald, konnten hier eine große Zahl relevanter Daten festhalten und hielten am Samstag einen sehr schönen Vortrag über ihr Vorhaben. Mittelwaldwirtschaft wird in Europa eben nur noch ziemlich selten praktiziert. Oliver Nelle nahm auch in diesem Jahr Proben für seine Forschung zum selben Thema.

Wie immer gilt unser herzlicher Dank dem archäologischen Verein Ergersheim und Umgebung, insbesondere Manfred und Herbert, wie immer Martin Nadler für den Vortrag über lokale aktuelle Forschungsergebnisse, Chris für die Sorge um unser leibliches Wohl, Andi für´s unermüdliche Dokumentieren, beiden für den Vortrag über die Ingolstädter Tongranaten und letztlich wie immer den Waldgeistern von Ergersheim dafür, dass wir auch im neunten Jahr von Unfällen und anderen Malaisen verschont geblieben sind.