Während meiner Masterarbeit im Sommer 2015 stieß ich auf eine auffällige Dechsel- bzw. wie sich später herausstellte Beilform. Diese Geräte besitzen einen hoch bis spitz D-förmigem Querschnitt und eine senkrecht zur flachen Unterseite stehende, vergleichsweise stumpfe Schneide. Diese Sonderform weckte bei Rengert Elburg und Wulf Hein großes Interesse. Wulf Hein erbot sich, anhand der bekannten ermittelten Maße sowie der aus der Literatur stammenden Abbildungen zwei Repliken anzufertigen. Sie wurden vor der Einbindung in Holzschäftungen 3-D gescannt, damit sie nach den Experimenten in diesem Frühjahr auf Gebrauchspuren untersucht werden können. Als Schäftung wurden je ein Knieholm und eine Meißelschäftung mit einer Rohhautwicklung verwendet, um verschiedene Arbeiten ausprobieren zu können.
Mit der im Knieholm geschäfteten Klinge wurden gröbere Arbeiten durchgeführt. Auf Grund der symmetrischen Lage der Schneide handelt es sich eher um ein kleines Beilchen, allerdings können auch Späne ähnlich wie mit einem Dechsel abgehoben werden. Da zudem aber Schneide und Schneidenwinkel vergleichsweise stumpf sind, können in der Regel nur recht kleine Spänchen mehr 'abgeknabbert' denn gespalten werden. Dies bedeutet, dass sowohl Fällen, Spalten als auch Abasten möglich, aber sehr ineffektiv ist. Das Gerät rutscht häufig ab und sowohl Unterarm als auch Handgelenke des Arbeitenden sind starken Belastungen ausgesetzt.
Das Gerät in der Meißelschäftung wurde für feine Arbeiten wie Entrinden, Stemmen, Schaben oder Glätten ausprobiert. Auch hier zeigt sich, dass diese Arbeiten zwar möglich, aber nicht sinnvoll sind. Die Klinge dreht sich ständig mit der gerundeten Seite stark ins Holz und der Arbeitende muss kontinuierlich aus dem Handgelenk gegenhalten.
Positiv ist anzumerken, dass diese Klinge, trotz einer deutlichen Beweglichkeit in der Schäftung immer sicher saß. Hinzu kommt, dass sie durch den einseitig gerundeten Übergang von Körper zu Schneide sehr stabil ist und mit der geraden Seite sehr scharfe, gerade Kanten erzeugt werden können. Letztendlich konnte für diese Geräteform aber keine effektive Verwendung bei der Holzbearbeitung, für die diese besondere Form von Nöten gewesen wäre ermittelt werden. Es bleibt abzuwarten, ob eine andere Art der Schäftung oder eine Verwendung für eine andere Materialgruppe andere Resultate erzielen wird.
Michaela Schauer